Wanderung auf den Nebelstein

(aus einem Büchlein aus dem Jahre 1877):
Der Nebelstein, von welchem wir dem bergfreundlich gesinnten Publikum hiermit eine kleine Skizze geliefert haben wollen, ist einer der interessantesten Berge im N. W. des Kronlandes Nie¬derösterreich, in jenem Viertel, das die Geografie als V. O. M. B., und der Volksmund als „Waldviertel“ bezeichnet. Lesen wir die Karte in touristisch-praktischer Weise ab, so finden wir im N. des Nebelstein: das zwischen diesem und dem Mandelstein sich ausbreitende, von W. nach O. streichende Thal, welches mit seinem Lauterbach und Harbach dem Touristen ein recht freundliches Bild gewährt —, im O. St. Wolfgang und St. Martin, im S. Harmanschlag und im W. Theresienhütte (Böhmen). Diese Grenzpunkte geben das „Zunächst“ unseres Berges. Die weiteren Grenzlinien, für manchen Touristen gewiss von Belang, verlaufen im N. gegen Graten, im NO. gegen Weitra — Gmünd, im O. gegen Siebenlinden — Schweiggers, im SO. gegen Zwettl (und tiefer) Gerungs, im S. gegen Pertholz — Karlstift, im SW. gegen Puchers (Böh.) — Sandel (Ob. Oest.); im W. gegen Maria Schnee und Rosenberg (Rozmbrk) hin. in Bezug auf die Nachbarberge des „Nebelstein“ treffen wir nördlich von ihm auf den Mandelstein, südöstlich auf den Johannsberg mit den ihn umgebenden Granitwellen, südlich auf den Aichlberg (bei Karlstift), südwestlich auf den Jägerhüttenberg (Böh.), westlich auf mehrere nördlich der Lainsitz sich erhebende Höhen und gegen den Mandel¬stein zu, südwestlich von diesem, auf den Hochwald (Böh.) Dies die Lage des Berges.
Der „Gruppe“ nach, mit Rücksicht auf die Viertelseintheilung, gehört der Nebelstein dem südwestlichen Lainsitzgebiete an. Bekanntlich wird das V. O. M. B. seiner grossen Ausdehnung wegen in 16 Gruppen abgetheilt und die 7. davon heisst: sw. Lainsitzgebiet. Das ist jene Region am 3fachen Grenzstocke bei Puchers, wo die Quellen der Malsch, Lainsitz, schwarzen Aist und des Kamp sehr nahe aneinander herantreten, jene Region, welche bedeutende Erhebungen im V. O. M. B. aufzuweisen hat, und deren Charakter in vorherrschender Weise der des Gebirges ist, mit einer gewissen Gleichförmigkeit der Formen. Der Wald hält hier den grössten Theil des Terrains besetzt; von einer Auflösung desselben in Parzellen dürfte kaum eine Rede sein. Die Lainsitz selbst rangirt in das Elbe-Moldaugebiet und hat von diesem eine Oberfläche inne von 761 Kil. oder 1323 Meil. Sie entspringt am Aichlberg in der
Höhe von 330m, fliesst zuerst nördlich, wendet sich sodann gegen Ost, behält jedoch südlich von Sulz an eine rein nordöstliche Richtung bei bis zur Stadt Gmünd, wo sie sich mit dem Braunaurerbache vereiniget, um nun gegen Norden einzulenken, und bei Schwarzenbach Nieder-Oesterreich verlassend, als Luschnitz ihren Lauf im Königreiche Böhmen nordwärts fortzusetzen. Die Lainsitz erreicht Weitra nach 24, Kil. (oder 32 Ml.), Gmünd nach weiteren 14 Kil. (oder 185Ml.), Schwarzenbach nach neuen 05 Kil. (oder 2 Ml.) und hat also vom Ursprunge bis zu jener Stelle, wo sie Nied.-Oest. verlässt, eine Länge von 5575 Kil. (oder 735 MI.) Ihr starker Fall im Quellgebiet erklärt sich leicht aus der Höhe von den dieses Quellgebiet einschliessenden Bergen —, der schwache Fall dagegen im Unterlauf durch die überaus geringe Neigung der böhmischen Teichplatte, bei welcher Nied:-Oesterr. nur mit einem ganz kleinen Antheil engagirt ist.
Als „Berg” im engeren Sinne des Wortes ist der Nebelstein, weil der Berggruppe „Pucherser Knotenpunkt“ zugetheilt, als dem böhmisch-mährischen Urgebirge angehörig zu betrachten, sowohl der Form als dem Inhalte nach — und als ein Ausläufer des Böhmerwaldes anzusehen. Wie jedes Gebirgssystem aus mehreren mit einander zusammenhängenden Ketten und Gruppen besteht und jener Punkt, wo solche Bergketten oder Gruppen sich vereinigen, Gebirgsknoten oder Knotenpunkt genannt wird, so ist dies auch beim Pucherser-Knotenpunkt der Fall, wo mehrere Ketten des (sog.) böhm.-mährischen Urgebirges zusammenstossen. Gehen wir bei der Aufzählung der dem Pucherser Knotenpunkte einverleibten Bergköpfe von S. nach N. vor, so ergibt sich für uns folgende Bergtabelle: Aichlberg (1051m 3324′), Scheibenberg (955m 3020′), Johannsberg (836 m 2645′), Windhaaghöhe (777m 2457) —, und auf der europäischen Hauptwasserscheide: der Hohlenberg (736m 2330), Siebenlinden (673m 2130), die Wernhardser Höhe (582m 1842′). Nahe bei der böhmischen Grenze, beziehungsweise in derselben erheben sich: der Nebelstein (1015m 3211′), der Mandelstein (856m 2719′), der Lagerberg (681 m 2154′). Wir führen dem Bergfreunde laut dieser Tabelle nur jene Berge aus dem Pucberser Knotenpunkte vor, welche noch Nieder-Oesterreicher sind. Mit diesen Höhepunkten ist aber der besagte Knotenpunkt keinesfalls abgeschlossen, da z. B. gerade der Hauptgipfel desselben: der Jägerhüttenberg (1127m 3564′) schon ein Böhme ist.
Zur Charakteristik unseres Berges in geologischer Hinsicht diene die nun folgende Notiz. Das Viertel, welches den Nebelstein zu seinen unbestritten theuersten Häuptern zählt, ist das V. O. M. B., und der Berg als solcher, sagten wir oben, in das böhm.-mährische Urgebirge einzureihen. Der nun in Nied.-Oesterreich gelegene Part dieses Gebirgssystems grenzt sich von dem in Böhmen und Mähren ausgebreiteten Hauptkörper durch die eigene Landesgrenze ab, übersetzt jedoch 3mal an das rechte Douauufer, um daselbst 3 Streifen
Landes, .den obersten von Ardagger-Ips bis Amstetten-Blindenmarkt, den mittleren von Säusenstein-Wieselburg bis Melk — S. Leonhard, den untersten von Schönbfichel-Mautern bis gegen. St. Pölten hin reichend zu occupiren. Dieses solchergestalt begrenzte Gebiet wird seiner Hauptmasse nach „Waldviertel“ genannt und erweist sich als ein massiges, wenig gegliedertes Hochland, das gegen S. steil abstürzt, im O. sich in das niedere Bergland auflöst, im N. als böhm. mähr. Höhenzug auftritt, im NW. einigen Antheil an der böhmischen Teichterasse nimmt und vom W. her als eine Fortsetzung des breitentwickelten Böhmerwaldes sich darstellt. Wir finden gerade den Charakter des Hochlandes im V. O. M. B. auf das schärfste ausgeprägt und hat nirgends (wenigstens im oberen) Waldviertel eine inselartige Zerlegung der Granitmassa wie z. B. hei dem 1060 m oder 3355′ hohen und um 9m als der Aichlberg höheren, zugleich höchsten Gipfel des V. O. M. B., dem „Ostrong“ statt. Der Nebelstein im geologischen Sinne ein Waldviertler von echtem Schrot und Korn, ein durchaus granitener Bursche, macht sich als ein schon über und über „bemoostes Haupt“. Als „Granitberg“ bestätiget unseren Nebelstein auf Meilen hin schon seine dem Granit eben ganz eigenthümliche Form, die „kugelsegmentartige von ballonförmiger Wölbung“, namentlich seine Stirne deckt eine wild verworrene Trümmermassa aus ungemessener Zeit. Der Granit im Allgemeinen ist ein weit verbreitetes Silikat- oder Kieselgestein, gemengt aus Feldspath, Quarz und Glimmer, welches aber trotz aller Verschiedenheit in Hinsicht auf die Farbe, Grösse, Menge und Natur der Einzelbestandtheile, doch wieder die grösste Uebereinstimmung in seiner allgemeinen äusseren Erscheinung zeigt —, der Granit am Nebelstein ist der: porphyrische mit einer. Grundmassa von mittelkörnigem Gemenge aus grau oder röthlich-weissem Feldspathe, hell- oder perl¬grauem Quarze und dunklem, gleichmässig vertheiltem Glimmer, in welcher Grundmassa einige Zolle grosse, weisse Feldspathkrystalle sitzen. Der Nebelstein als Granit gehört zum Massengesteine.
Im Allgemeinen sei noch bemerkt, dass sich der Grundcharakter des V. O. M. B., nämlich der eines weniger gegliederten Plateaus, im grossen Ganzen wie im Einzelnen genau verfolgen lässt. Die Einförmigkeit dieses Plateau’s ist dadurch begründet, dass ihm alle die verschiedenartigen geologischen Formazionen von der Silurformation bis auf die ebenfalls nur untergeordnet auftretende tertiäre fehlen, womit auch der Mangel aller mehr oder weniger belangreichen Gliederungen bewiesen ist. Das Land musste seit der Zeit der allerersten Spuren eines organischen Lebens vom Meere unbedeckt, ein Festland gewesen sein.
Und wie sieht es denn mit Flora und Fauna, d. i. mit der
Pflanzen- und Thierwelt am Nebelstein aus ? Die Flora im Waldviertel, welche der subalpinen Pflanzenwelt selbst bei Erhebungen von über 3000, vollständig entbehrt, ist mit wenigen rühmlichen Ausnahmen wohl nicht von jener Schönheit und Ueppigkeit wie
ändere floristische Partien, was seinen Grund in der Erdunterlage, im Klima, in den Torfbildungen und im Abgange aller Kalkpflanzen,- vielleicht auch (einigermassen mitbedingend) in einer anderen Art von Feldwirtschaft hat, nichtsdestoweniger ist und bleibt sie interessant, weil sie Pflanzenarten enthält, die sonst nirgends vorkommen., Ob nun der botanisirende Tourist neben dem Schönen wie leicht begreiflich auch das Interessante sucht oder je nach Geschmack das Interessante dem Schönen auf seiner Suche sogar vorzieht, bleibt eben seine Sache -, gewiss aber wird derselbe am Nebelstein seine Rechnung finden wenn er nur ausreichend Musse hat und die Mühe nicht scheut, dem Berge einen öfter wiederholten Besuch zu widmen. Ebenso mag die Fauna gar manche Rarität ausgestellt haben —, aber wir finden kaum die Tourniquets zu dieser Ausstellung, geschweige denn, dass wir uns mit einiger Sicherheit in den Räumen dieses Ausstellungspalastes bewegten. Gerade das kleine und kleinste Volk der Fauna erregt ja das meiste Interesse, fordert hingegen auch das emsigste und tiefgehendste Studium.
Nachdem wir so an der Hand der neuesten Topografie Nied: Oesterreichs, anderer verlässlicher Quellen und der Selbstbeobachtung, den geehrten Leser dieser Bergskizze durch einige wissenschaftliche Bemerkungen in den Nebelstein eingeführt haben, erlauben wir uns, ihn höflichst einzuladen, eine Nebelsteinpartie praktisch mit uns durchzumachen. Die Touristen aus der Umgebung des „Nebelstein“ wissen zwar ohnehin Wege und Stege, um dem Nebelstein nahe zu kommen und seinen Gipfel unter die Sohle zu kriegen. Sollte es ihnen aber genehm sein, in unserer Gesellschaft den Nebelstein zu besteigen, so würde uns dies aufs herzlichste freuen. Wir geben uns diesbezüglich ein Rendezvous in St. Martin „beim Sandbauer.“ Einstweilen aber eilen wir im Geiste nach Gmünd, um die mit der Franz-Josefsbahn ankommenden Nebelstein-Touristen freundlichst zu begrüssen und uns denselben als Führer auf den Gipfel des Nebelstein anzubieten, wobei wir zugleich bemerken, dass wir auf unsere Führerrolle sogleich und recht gerne verzichten, wenn wir einen gewiegten Nebelstein-Touristen, der die Tour schon öfter und mit mehr geistigem Gewinne als wir heimkehrend gemacht hat zu begegnen die Ehre hätten, und ersuchen in diesem Falle, dass wir „geführt werden“.
Wir rüsten uns jetzt schon zu unserer Tour. Feldstecher und Rohr, Plaid und Stock —, und vornehmlich eine gute Karte sei unser Rüstzeug. Bitte nichts zu vergessen ! Sind wir zufällig Mitglieder des deutsch-österreichischen Alpenvereines, *) dessen Zweck
strengwissenschaftliche Bergkunde ist, so geben wir unser Vereinszeichen, den Edelweisstern auf den Hut, beschwören durch ihn Nebel und Regen und machen uns dann mit dem Rufe : „Heil im Edelweiss“ tourfertig. Als Ausgangspunkt unserer Bergpartie nehmen wir St. Martin im Südwesten von Gmünd-Weitra.
Gmünd, eine Centralstation der Franz-Josefsbahn, liegt am Zusammenflusse der Lainsitz und Braunau, welch letztere in die erstere einströmt, weshalb auch der Name dieser Stadt : „vom Gemünde“ der eben erwähnten Bäche. Die Stadt Gmünd hat mit der Vorstadt Nasterzeil; einem Complex von Eisenbahnarbeiter-Häusern, „Neu-Mexico“ genannt, der mit der Stadt immer mehr in Eines verwachsenden Böhmzeil, dem Bahnhofe und der Centralwerkstätte der Fr.-Jofefsbahn : 3040 Ew. Begrenzt wird Gmünd n. von Nagelberg-Ludwigsthal, nö. von Amaliendorf-Schrems, östlich von Vitis-Hoheneich, sö. von Kirchberg (a. Wald) Nondorf, s. von Waklenstein-Hörmanns, ow. von Weitra-Dietmanns, w. von Pirabkirchen Hochberg. Gmünd liegt in der Südostecke des Beckens von Wittingau. Die tertiären Gebilde ruhen hier auf Granit und erweisen sich nach unten hin als Thon, dem röthlicher, glimmerdurchsetzter Sandstein mit Blätterabdrucken aufgelagert ist, der in der Schichte von etwa 3″ Mächtigkeit bricht und gegen 24% Eisen enthält. Der Granit in den nördlich der Stadt situirten Brüchen ist grobkörnig und wird bloss zum Unterbau verwendet (Tullner Eisenbahn-, Augartenbrücke in Wien etc.) Wir machen den Touristen, welcher Gmünd vor oder nach der Nebelsteintour mit in die Partie aufnimmt, darauf aufmerksam, dass er von diesen Steinbrüchen aus eine rechte nette Aussicht auf den Nebel- und Mandelstein und die Brünnler-Berge geniesst. Diese Brüche sind der n.-ö. Steingewerkschaft eigenthümlich. Gmünd ist eine Industriestadt. Schloss und Park bei Gmünd sind Eigenthum Sr. k. Hoheit des durchlauchtigsten Herrn Erzherzogs Sigismund. Wer sich über Gmünd des Näheren unterrichten will, lese die vom dortigen Stadtsekretär herausgegebene Geschichte Gmünds. Empfehleswerte Gasthöfe von Gmünd sind: Assmann, Peter etc. Brauhaus Brandeis. Gelegenheiten nach allen Richtungen erhält man bei Fritz, Assmann, Peter, Biegenzahn, Schwingenschlögel: Einspänner pr. Tag zu 3, Zweispänner zu 6 fl. Vom Bahnhofe zur Stadt und von dieser zum Bahnhofe geht zu den verschiedenen Zügen die Post, ¬Taxe für diese Fahrt pr. -Person 20 kr. Am Centralbahnhofe selbst ist eine treffliche „Restauration“, in der Nähe des Bahnhofes erstanden seit Kurzem 4 mehr minder recommandable Gasthäuser.
Jener Wiener, welcher mit dem geeigneten Morgenzug die Residenz verlässt, trifft um Mittag herum in Gmünd ein, und wenn er unsere Tour mitmacht, so ist er Abends am Gipfel des „Nebelstein“, ohne durch diese Tour hart mitgenommen zu werden.
Von Gmünd fahren wir mittelst gemietheter Kutsche oder (Mittags) pr. Post nach Weitra. Taxe dahin im letzteren Falle für die Person 80 kr. In einer Stunde pr. Wagen (13/4 St. zu Fuss)
erreichen wir die Stadt Weitra mit seinem imposanten, weithin leuchtenden Schlosse, das Sr. Excellenz, dem Hrn. Landgrafen Johann Fürstenberg gehört. Weitra, eine sehr alte Stadt, liegt an der Lainsitz, hat eine besonders hübsche Lage, eine ältere Bauart und sammt der Vorstadt circa 2 ½ tausend Ew. Die Stadt hat eine Seehöhe von 1704′ oder 473m (b.), während Gmünd 1769′ 559m (b.) hat. Wer von hier aus, an geeigneter Stelle seinen Blick gegen SW. richtet, hat den Nebelstein in seiner vollen Schönheit vor sich. Unterhalb Weitra entwickeln sich Promenaden und aus diesen im Anschlusse an dieselben die reizenden Partien des „Gabrielenthales“. Dieses Thal muss als ein köstlicher Schmuck Weitras bezeichnet werden und ist, um mit den Worten eines vor Jahren erschienenen Schriftchens, das dieses Thal bespricht, zu debutiren, ein vollendeter Park. Waldgänge, Brunnenplätze, Lauben, Rondeaux, Statuen, -Pavillons etc., nichts fehlt hier vom als vollendet gelten sollenden Parke. Das Thal trägt den Namen seiner Schutzfrau, der Gräfin Gabriele, und ward durch den Medicinae Doctor Hornik zu einem der lauschigsten und poesievollsten Plätzchen des oberen Waldviertels gemacht. In wie weit dieses Urtheil über das Gabrielenthal seine Richtigkeit hat, davon mögen sich unsere Nebelsteintouristen selber die Ueberzeugung verschaffen, indem sie dasselbe heimsuchen und studieren. Dieser Besuch soll jedoch auf der Rücktour statthaben. Weitras zu empfehlende Restaurants sind: Peter, Herzog, Seitz; Brauhauslokale und Garten : „Scheda“.
Wir verlassen nach kurzer Rast das im N. von Unser Frau und Alt-Weitra, im O. von Wolfgers-Reichenbach, im S. von Spital-Wolfgang und im W. von Wultschau-Lauterbach begrenzte Bergstädtchen und fahren nach S. Martin, auf guter, theilweise musterhafter Strasse, liebliche Gelände und fruchtreiche Fluren durcheilend. In kurzer Zeit trägt uns der Wagen nach Rossbruck, von welchem Orte links abgebogen (rechts geht es nach Harmanschlag) wir im Nu in S. Martin sind. Dortselbst restauriren wir uns etwas, bestellen uns einen Träger, der stets am Lager ist und nehmen einigen Imbis mit! Und nun: „Heil im Edelweiss“! aufwärts zum Nebelsteingipfel.
Wir fahren (beziehungsweise gehen) zuerst in n. Richtung an Kirche und Pfarrhof vorbei und hierauf in westlicher Richtung auf der Harmanschlager Strasse nach „Rörndlwies“, einer rechts drunten, dem Nebelstein-Anstieg zu (gen N) gelegenen Partie einiger Häuser, nämlich eines Förster- und eines Jäger- besser Hegerhauses. Ersteres macht den Eindruck eines comfortablen Wirtschaftshauses, letzteres fast wie ein Bahnhäuschen ist im Baustyl überraschend herzig gehaltene Rörndl- richtiger Rerndlwies —! Woher der Name? Von den Hirschen, die vor Zeiten auf den Wiesenplan heraustraten, um hier zu „röhren“ (reren), was recte mit Geschrei, Geheul, Herausforderung erklärt wird? Das ist nur so unsere unterplätzliche Meinung und empfehlen wir uns hiermit bestens der Zumittelung einer endgültigen Aufklärung.
Vom Forsthaus gehen wir zwischen einer Wiese rechts und einer. Obstbaumanlage links, an einer forstlichen Saatkämpe vorbei, auf. das Hegerhaus zu, lassen dieses rechts, und steigen links vom Hegerstadl unmerklich an.
Damit beginnt die eigentliche Nebelsteinpartie. Wir steigen direkt in der Richtung der Zugbahn an, die aus einem als Barriere von Schleuderbäumen eingerahmten Wege besteht, welcher von beinahe der Gipfelhöhe des „Nebelstein“ bis zur Rerndlwies herniederführt und den Zweck hat, dass auf seinem Rücken, der einer Tenne keineswegs ähnlich ist, das Holz während der Schneezeit von den oberen Schichten des „Nebelstein“ zur Tiefe geschafft wird. Dieser Holztransport wird mittelst „Hunde“ herbeigestellt, worunter man sich ja nicht etwa dies oder jenes Prachtexemplar eines New-Foundländers oder Bernhardiners vorstellen möge. Seltsamerweise bedeutet der Lokal-Ausdruck „Hund“ einen mehr minder mit Holz beladenen Schlitten, an dem rückwärts ein mehr oder weniger grosser Bund. Holz angebracht ist, der mit einer Kette zusammengeschnürt, dazu dient, den in rasender Schnelle zur Tiefe sausenden Schlitten, auf dessen Deichsel, vorne, der betreffende Holzindietiefebeförderungscommissionär, vulgo Holzknecht sitzt, von wo aus er mittelst seiner Füsse steuert, in etwas zu hemmen und so zu verhüten, dass durch einen jähen Sturz oder das Verfehlen des Geleises, nämlich der Zugbahn, ein schweres Unglück geschehe. Trotzdem gilt auch hier des Dichters Wort „Die Todten reiten schnelle.“ Eine solche Fahrt bedarf immer der Vorsicht und es empfiehlt sich also Jedem, dem sein Rippensystem nicht ganz gleichgültig ist, ganz von selber seinen ohnehin sehr primitiven Holztransporteur in guter Ordnung zu halten. Mitunter wird aber der Schlitten als solcher mit dem Holzburt in Verbindung „Hund“ genannt. Ja viele bezeichnen den Holzburt an und für sich als Hund. —
Nach ein paar hundert Schritten vom Hegerstadl weg stehen wir am Waldeingang; von diesem nach rückwärts, zum Süd-Vis-a-vis hinübergesehen, gibt uns den aus der Schwedenzeit berühmten Wachtberg mit seinem jedoch von hieraus nicht sichtbaren „Kapellerl“ — ; ein ganz dankbarer Rückblick. Wir betreten nun, unter dem von der Natur gebauten Thorbogen am Waldeingang hinwegschreitend, das innere Nebelstein-Waldgebiet, zuerst im Stangenholze, dann im Mittelholze und endlich in haubaren Beständen (I. Classe) aufwärts steigend, bei kaum merkbarer Steigung des Bodens.“ Doch sieh! Dort liegen wunderlich geformte oft riesige Granitblöcke zu Tage, hier zieht ein breiter Streifen von Granitgrus über den Weg. Nun stellen sich uns im Forste Tannen und Fichten mit Buchen gemengt. Plötzlich rauscht es wie murmelnd Quellwasser um uns und, traun ! schon ist auch das Brücklein da, auf dem wir über das Quellbächlein setzen, das da nach den Worten eines Schöngeistes „zum Thale pilgert.“ Wir wissen, ohne allen Frevel sei dies gesagt, des Quellbächleins Brünnl, sein „Dobra Woda“, sein Wall
fahrtskirchlein, das ist jene Stelle des Hauptquellbaches nicht, in-die es einströmt. Grobhäutige Flechten wechseln mit den dichten und weichen Polstern, mit denen die „Grimmia leucophaea“ die Granitblöcke übersponnen und dadurch zu praeticablen und ruhsamen Fauteuils umgestaltet hat. Wo die Zugbahn endet, halten wir entweder die gerade Richtung ein und sind nach einigen Minuten ausser Waldbereich, woselbst sich uns ein überraschender Anblick darbietet, d. i. der den Hauptgipfel vorbereitende Blocksee, den überquerend wir uns an der dominirenden Bergstelle befinden —, oder: wir biegen am Ende der Zugbahn nach links ab, sehen nun, ohne jedoch in dasselbe hineinzukommen, das „Nebelsteiner Himmelreich“, eine scherzweise oder sonstwarum so genannte Gruppe von 4 Häusern, die vormals „Flusshänseln“ hiessen von der in der Nähe sich einst befunden habenden Flusshütte, halten uns dann als an Wegweiser an die mit Kalkstrichen versehenen Bäume, treten in einen mit Buchenholz gemengten Fichtenbestand, übersetzen eine kleine Runse, steigen die Treppe hinan und — der Gipfel ist erklommen, wenn wir vorderhand von einer die Hauptspitze vermittelnden Stiege absehen wollen. Sichere Kennzeichen von dem richtig eingeschlagenen Wege, — nachdem wir die Zugbahn, links einlenkend, verlassen haben, sind: 1.) oberhalb der dem Himmelreich gegenüberliegenden Stelle ein an einem Baume angebrachtes Bild, welches uns von einem dem Joh. Wierlandner aus Lauterbach am 10. Jänner 1841 geschehenen Unglücke: „dass ihn der Schlag traf“ berichtet — mit der wolmeinenden Aufforderung ihn in unser Gebet einzuschliessen
— 2.) dass der rechte Weg zum Hauptgipfel stets gefegt oder „gekehrt“ ist, während die anderen Pfade Waldstreu deckt. Jenen Touristen, welche nicht sehr kräftig oder berggeübt sind, rathen wir, in der unter dem Gipfel angebrachten Hütte etwas auszuruhen, dann den Plaid umzunehmen und erst hierauf den Centralstein zu ersteigen.
Von St. Martin bis zum Gipfel des Nebelstein brauchen wir, selbst, wenn wir zu Fuss kommen, bequemst 1 1/2 St. ; die Ersteigung des Berges ist mühelos, für Bergsteiger eine kleine Promenade,
— selbst der (Granit-) Blocksee bietet keinerlei Schwierigkeit.
Lohnt es sich aber doch, den Nebelstein-Gipfel zu ersteigen? Diese Frage wollen wir sofort beantworten.
Die Aussicht vom Gipfel des Nebelstein aus ist eine der dankbarsten im V. O. M. B. Sie wird an Sehönheit, Grösse des Aussichtsbezirkes, sowie an Wechsel in der Szenerie, im Waldviertel nur von einigen wenigen Punkten übertroffen, beziehungsweise erreicht und muss als „vorzüglich“ bezeichnet werden. Nur hat man stets den Standpunkt genau einzuhalten, von dem aus man eine Aussicht beurtheilt. Der aussichtsüberbegeisterte Bergfreund, der touristische Schwärmer sieht im Schaukreise das kaum Mögliche, sogar Unmögliche —, der Blasirte, der Uebersättigte bleiben selbst dem kostbarsten Panorama gegenüber kalt, gleichgültig —, der Novize
oder Neuling im Bergtouristenfache eilt, wenn er auch nur den ersten der Aussichtsringe und diesen flüchtig durchgemacht, so rasch und so balde als möglich, ganz entzückt vom Berge heim und mit etwa diesem Ausrufe in die Arme seiner so sehnsuchtsbangen Freunde: „ich bitte Dich, Freundchen, höre doch einmal, die Aussicht vom Nebelstein ist denn doch grandios, sogar Weitra ! und Gmünd ! ! sieht man“ ! ! ! In Bezug auf das Umfassende eines Panoramas sehr ein bescheidener Aussichtsgourmand. Wir nehmen keinen dieser so gänzlich verfehlten Standpunkte ein, sondern geben vom Nebelstein mit möglichster Treue, straffem Kalkül und der vollständigsten und freudigsten Unterwerfung unter die Kritik, alles Das, was wir von Lokalkennern erfuhren, die Selbstschau uns nahelegte. Gelänge es uns, ein nur annähernd richtiges Bild von der Nebelstein-Aussicht zu entwerfen, bis es uns selbst im Vereine mit einem enragirten Verehrer der Bergwelt möglich sein wird, eine detaillierte Nebelsteinkarte herauszugeben, — oder eine andere, tüchtigere Feder die Aussicht vom Nebelstein schildert, so wären wir dessen namens des Berges und aller seiner Besucher gewiss herzlichst frohe.
Die Aussicht vom Nebelstein ist ein Panorama (lleetoeaµa), eine Rundschau. An und für sich nämlich. Aber auch in touristisch-praktischer Weise war sie das noch vor etwa 12, 13 Jahren. Dieser umfassende, der Charakter eines „Panoramas, ist insofern abgeschwächt worden, als die Westseite des Berges leider bewaldet ist und kann der Nebelstein erst dann wieder zur vollen Geltung gelangen, wenn der Westpart des Nebelstein-Forstes wieder „abgepletzt“ wird, was der Touristenhimmel möglichst bald gewähre.
Der Punkt, von welchem ab wir unsere Aussicht kennen lernen wollen, ist der oberste, ziemlich bequeme Granitblock des Centralgipfels, zu dem man auf 2 Treppen gelangt. Vormals gab es auf diesem Block und dem unterhalb desselben, am Auslaufe der 1. Treppe gelegenen Granitplateau Tische und Bänke und Aussichtspflöcke die dem Uebermute wahrscheinlich vagabundirender, rücksichtsloser Gesellen, zum Opfer fielen. Darum tritt an die gesammte Bevölkerung aus der nächsten Umgebung des „Nebelstein“, falls der Hauptgipfel mit derlei Möbeln wieder ausstaffirt werden sollte, folgende Bitte heran: auf diese Ausstattung des Nebelstein, der doch der Stolz des ganzen Umkreises ist, recht achtzuhaben, sich selber dieser Prachtsschau möglichst oft zu erfreuen, auf böse und eckle alles Edle und Schöne verderbende Buben fleissig zu fahnden —, und diese Bitte freundlichst zu erfüllen im Namen des preziosen Berges, des eigenen Interesses und der dankverpflichteten Touristen, denen einige Bequemlichkeit nach der Ersteigung des Berges so wolthuend und für die ein Plätzchen, um Karten, Plaids, Instrumente etc. zu versorgen, so notwendig ist.
Wir entwerfen nun ein kleines Aussichtsbild. Zu dem Zwecke beginnen wir mit dem Norden, setzen das Bild im Nord Ost und
Ost fort, winden sodann gegen Satt herüber) behandeln hierauf den West und schliessen mit dem Nordwest.
Jedoch ! was sollen wir zuerst schildern? Die ,;Schönheit“ des Panoramas? Wie massige Wälder, mit bald wie Gold bald wie Silber blitzenden Scheiben ähnlichen Teichen, diese mit Mooren, diese mit fruchtbaren Böden, diese mit Städten, diese mit Weilern, diese mit Dörfern, diese mit Schlössern, diese mit Ruinen, diese mit samtgerundeten Hügeln, diese mit Bergriesen wechseln? Oder die Grösse desselben ? ! Es ist ein ganz eigenthlimliches, uns zu weit höheren, grösseren Menschen aufbauendes Gefühl, wenn wir dem Mückenhorizont des alltäglichen Lebens entfliehend, die Thronsessel der Natur aufsuchen, um mit den Adlerfittigen hoher Begeisterung ein wahrhaft herrliches Gemälde derselben zu durchstreifen.
Zahlreiche Ortschaften, zahllose Hügel und Berge begründen unsere Rundschau, aus welcher wir theils wegen Mangels an Raum, theilweise um vollkommen sicher zu gehen, nur einige Punkte in der Richtung gegen N., NO., 0., SO., S., NW., wie oben angedeutet herausheben. Da fuhrt uns das Rohr im N. das liebliche Harbach, den reich lohnenden Mandelstein, das prächtige Schloss Gratzen vor, und geleitet uns das Czepper und Schlossrevier aufwärts ins Wittingauer Becken; gegen NO. passiren wir S. Martin, Wolfgang, Wultschau, Weitra (reizend gelegen), Unser Frau, Alt-Weitra, Dietmanns-Gmünd, Hoheneich, Zuggers, Brand, Heidenreichstein und über Litschau hin Neu-Bistritz; weiter nach rechts eingelegt, bringt uns das Rohr nach Schönau, Waldenstein, Weissenalbern, Kirchberg, Hirschbach, Schrems, Schwarze Vitis und in die Waidhofen-Sieghartser Gegend — noch weiter nach rechts vorgegangen versetzt uns das Glas in den Frainer Boden; im O. fallen uns als stärkst markirt, Pernegg, Neukirchen, Dreieichen, Lampelhöh‘ und mehrere Thürme im N. des Kamp auf; gegen S. treten Hohlenberg-Siebenlinden, der Wurmberg bei Rosenau, die Zwettler Höh‘ und Propstei, der Auberg bei Gr. Göttfritz, der Loschberg bei Nieder-Nondorf, einige Höhen um Gerungs und Langschlag, Rappottenstein, Traunstein, Ottenschlag, eine Höhenfortsetzung gegen die Donau zu und zu unserer freudigsten Ueberraschung der aussichtsberühmte „Hochjauerling“ in den Schaukreis; mehr gegen S. zu vorgerückt erhalten wir aus der Tiefe einen Wink vom Pertholzer Brauhaus, der auf uns einen ganz angenehmen Eindruck macht, und den wir beim Sandbauer practisch verwerten wollen; jetzt aber taucht plötzlich einer der eminentesten Punkte im Panorama, wenn nicht der vorragendste, die „Ruine von Arbesbach“, keck in die Lüfte dräuend, wie eine zu Felsen geword’ne Riesnu-Kuenringerfaust, vor unserem Auge auf und hebt sich bis auf ihre leisesten Kanten vom Blau des Himmels ab; drüber hin ist unser Blick durch die mit dem Jauerling an Aussichtswert concurrirenden Weinsberger¬Prachtpunkte auf eine Zeit lang in süssen Bann gethan; im S. ist jedoch mauergleich, jäh und gänzlich, die Aussicht. durch den Aichl¬und Jägerhüttenberg abgeschlossen; im NW. beschränken die jen
seits der Hohenfurter Thalfurche aufragenden Höhen die Aussicht und im N. begrenzen im Rücken der Blanske (Schöninger A 3416′) bei Kalsching, nach vorne her der Hochwald (3258′) den Gesichtskreis! Wie steht es jetzt mit Südwest und West? Vorderhand geschlossen sind beide für den Touristen ein verschleiertes Bild. Wenn sie aber durch Abforstung der Westseite des Berges frei werden, dann sind just sie die kostbarsten Theile des Panoramas. Wenn dann die Oetscher-, Dürrenstein-, Hochkar-, Schwaben-, Gamsstein , Voralpen-, Admonter-, Pyrgass-, Hochsengsen-, Todtengebirgs-, Hölllengebirgs-, Traunsteingruppe vor das Auge des entzückten Touristen treten und ihm der hohe Priel (8049′), der Fürst dieser Todtengebirgsgruppe, einer grausig zerrissenen, überaus grotesken Steinwüste, des Abends auf Momente hin in ein Rosen-Flammenmeer getaucht, sodann wieder als Riesenleiche zum Aetber ragend, seine Felsengrüsse sendet =- wie prachtvoll ! Zwar sieht man jetzt schon gegen S und SO in weiter Ferne, drei Bergkolosse aufragen, von denen der am meisten rechts gelegene als Oetscher (1887m 5970′), der ihm zur Linken als Reisalpe (1399’° 4424′), der am äussersten Flügel links als Schneeberg-Hauptgipfel (Klosterwappen 2076’° 6566′) angenommen wird. „Angenommen“ wird — aber auch nicht mehr. Die Dachsteingruppe dürfte auch bei offenem West durch die Prielgruppe gedeckt, der Watzmann in Baiern und der Stauffen in Salzburg nur dem geübten Auge und genauen Kenner der Contouren dieser Alpen zugänglich sein.
Dass der Aussichtsbezirk auch so manchen Streifen der mähr. ungarischen Grenze, Ungarns selbst, wie weiter herauf des Tulner-Bodens zu seinem Gebiete zählt, referiren wir am Schlosse der „Aussicht vom Nebelstein“ als vielleicht sehr berechtigt.
Wir machen nun die Karte zu, geben das Glas ins Etui und betrachten uns einen Augenblick den Gipfel als solchen und seine nächste Umgebung. Der Nebelstein im ausgezeichneten Sinne des Wortes ist ein In- und Durcheinander von aufeinandergelagerten, oder übereinander balancirenden, ineinandergepressten, theilweise schauerlich zerklüfteten eratischen Blöcken, dabei von pittoreskem Aufbau, aus den Zeiten der Wasserrevolution, durch Erdbeben in dieser seiner Form begünstigt. Ein wild verwetterter und verwitterter Geselle, der aber noch ungebrochen manch ferne Zeiten sehen mag. Und dieser aus wirr über die Fläche hin verstreuten von Stockholz durchbrochen bestehende See von Granitblöcken. „Nebelstein-Mosaik : dieser Blocksee !!“
Herren vom Forst dürften auch die am Nordrande des Blocksees gelegten Fangbäume für Borkenkäfer interessiren, — mit Thränen im Auge sehen sie hier das traurige Schicksal ihres Lieblings, dem sie so gerne (?) den ganzen Forst einräumten, wie er auf einige seinem Geschlechte so unrathsame „Blöcher“ beschränkt ist. Seine Passion für saure Gährung mag dem armen, so forstfreundlich gesinnten Käfer theuer genug zu stehen kommen. Auch Freund Waldmeister da? Und in Hülle und Fülle, gleich unterm Gipfel.
Wir fragen uns nun noch, woher der Name „Nebelstein“ komme und wann d. h. zu welcher Tageszeit, wir diesen Aussichtspunkt günstigst heimsuchen! Die auf manchem Berggipfel so gesprächig hausende Frau Sage schweigt hier völlig , und es bleibt uns also nichts übrig als den Namen unseres Berges von der oft sehr ansehnlichen „Nebelmütze“ herzuleiten, die der Nebelstein wie alle anderen Bergköpfe von der Natur ganz umsonst bezieht und die er manchesmal selber gern los hätte, schon um seiner Verehrer, der Touristen willen. Zeitweilig verwandelt sich der Nebelstein in einen „Regenstein“, welche Gefälligkeit er 3 Touristen vom 25. Mai ge¬genüber zu erweisen die Güte hatte, — dann tröstet als Gegensatz hiervon, d. i. als „Sonnenstein“ nach innen zu nur mehr das Hotel Sandbauer. Der Nebelstein ist vorwiegend eine .Abendaussicht (weil Ost- und SO. Hauptausblick), aber auch des Morgens sehr lohnend.
„Abstieg“. In kurzer Frist ist der Blocksee überwunden, der Wald genommen, das Forsthaus in Sicht, St. Martin erreicht, wir sind „beim Sandbauer“. Küche und Keller sind ganz exquisit und bei ausser allem sonstigen Menu stets vorräthigem excellentem Vilanyer Rothwein, gutem Pertholzer Biere und vortrefflichem „schwimmenden Spargele (vulgo Forellen) lebt sichs nach Touristenbrauch äusserst angenehm. Bei längerem Aufenthalte empfehlen sich auch Bäder in der Sandbauers Garten bespülenden, an Eisen sehr gehaltreichen, Lainsitz, zu welchem Zwecke „Badhüttchen“ angebracht sind, — der Gasthofgarten selbst und Ausflüge in die überaus nette und liebliche Umgebung. Der touristische Forscher sei noch darauf hingewiesen, dass sich in S. Martins Umgebung Diorite und Turmaline vorfinden.
Möchte doch der „Nebelstein“ sich jedem Touristen als „Aussichts-Sonnenstein“ präsentiren und so immer weitere Kreise gerechter Würdigung um sich her ziehen, damit man auch in der Fremde zu der Einsicht gelange, dass, wie Ungarn in national¬ökonomischer Verwertung, so das Waldviertel in touristischer Hinsicht grossentheils noch gar nicht entdeckt sei, obwohl dieses Viertel gar manche touristische Perle in sich birgt.